Kö, och nö
Düsseldorfer Menuette
3. Kö, och nö (Des-Dur)
Ort der Inspiration
Ich will ehrlich sein: Für mich repräsentiert die Kö nicht Düsseldorf, sondern eine Welt, die mir nie besonders wichtig war: Konsum, Mode, Luxus, Fassade. Es ist ein bisschen wie in dem Gedicht „Düsseldorfer Impromptu“ von Reiner Kunze:
„Der himmel zieht die erde an
wie geld geldBäume aus
glas und stahl, morgens
voll glühender Früchte“– Reiner Kunze
Es ist ein Klischee und wie in jedem Klischee steckt auch hier ein Körnchen Wahrheit darin.
Das Geld ist es auch, das die Königsallee immer mehr verändert. Altansässige Unternehmen wie das Auktionshaus werden verdrängt. Die Lichtburg, das alte Kino auf der Kö, ist vor Jahren schon verschwunden. Es sind jetzt die großen Ketten der globalen Wirtschaft, welche „die bäume aus glas und stahl“ okkupieren: H&M, Douglas, Breuninger, Esprit, Tom Tailor… Dadurch wird die Kö noch gleichförmiger, noch beliebiger und unterscheidet sich immer weniger von anderen Shopping-Meilen wie dem Centro Oberhausen oder der Schildergasse in Köln.
Aber wie alle Orte, die sich so herausputzen, kann man auf der Kö zum Beobachter der Gegensätze des städtischen Lebens werden. Silber und Gold blinken aus den Fensterauslagen der Juweliere und wenige Meter weiter wird man von einem Obdachlosen angebettelt. Männer in Anzug und Krawatte, nüchtern und weltmännisch, als hätte man sie aus einem Modemagazin herausgeschnitten, stehen am Eingang der Läden und halten die Tür auf wie Anno 1900, und nicht weit entfernt läuft ein schon leicht angetrunkener Junggesellenabschied feixend vorbei auf seinem vorherbestimmten Weg in Richtung Altstadt. Es sind diese Gegensätze, die mich faszinieren.
Musikalische Idee
Es sind zwei sehr bildhafte Symbole, welche hier als melodische Motive das Stück bestimmen:
- Das Symbol einer Krone (in Takt 1 in der oberen Stimme und wiederholt in Takt 4 in der unteren Stimme)
- Das Symbol des Kö-Grabens (in Takt 3 in der oberen Stimme)
Vielleicht steckt in diesen beiden Motiven auch ein Stück von der Dialektik, von der ich eben sprach: Reich und Arm, Konsumpaläste und Wassergräben, Aufstieg von globalen Konzernen und Niedergang lokaler Einzelhändler, spiegelnde Fassaden und die verborgenen Abgründe dahinter. Das Stück oszilliert um diese auf- und abwärts gerichteten Linien.
Das Stück steht in Des-Dur und wechselt im zweiten Teil für acht Takte in die Dominant-Tonart As-Dur, um am Ende wieder nach Des-Dur zurückzukehren.
Noten auf Anfrage.
FOTOS: Biotar 58/2 – first shots, ghostriders, Biotar 58/2 – first shots, unique, Königsallee Düsseldorf, walking the dog, Biotar 58/2 – first shots, Biotar 58/2 – first shots, Königsallee Düsseldorf, Uecker-Nagel und Mann der telefoniert. Alle Fotos von Matthias Neugebauer, lizensiert unter CC BY-NC-SA 2.0