10 Ideen, was Pegida für Integration tun kann

Wenn Pegida-Vertreter von „Integration“ sprechen, dann klingt das immer wie eine mehr oder weniger freundliche Umschreibung für „Abschiebung“. So wie deutsche Politiker in den 90er Jahren das Wort „Reformen“ derart missbraucht haben, dass es heute fast gleichbedeutend mit „Streichung von Sozialausgaben“ ist.

Bei der Hysterie und Mobilmachung gegen den Islam, fragt man sich natürlich was dahinter steckt? Plötzlich wird die Fahne des Abendlandes hochgehalten, die seit dem Untergang des Heiligen Römischen Reiches keinen Kreuzritter mehr hinter dem Ofen hervorgeholt hat.

Ich stolpere schon beim Namen: Patriotische Europäer. Seit wann fühlt sich diese bunt zusammen gewürfelte Interessengemeinschaft aus Wutbürgern, Ostalgikern, Hooligans und rechtsradikalen Vollpfosten denn plötzlich als Europäer? Wie kommt es, dass die Eurokritiker, die sich nach der D-Mark zurücksehnen, manche von Ihnen auch nach der Mark oder gar nach der Reichsmark, plötzlich ihre Vaterlandsliebe zu Europa entdeckt haben? Sie möchten am liebsten die Grenzen wieder dicht machen und sich vor weiterer Zuwanderung abschotten – aber gleichzeitig finden sie Europa geil?

Bei den Montagsdemos, die das Ende der DDR eingeläutet haben, wurde auch für Reisefreiheit demonstriert. Für das Recht ins Ausland zu fahren. Für das Recht auszuwandern. Das scheinen viele zu vergessen. Die Ungerechtigkeit besteht darin, dass wir Europäer uns das Recht nehmen, überall hinzureisen, wo wir wollen, während wir eine neue Mauer an der Grenzen der EU errichtet haben, die Millionen Menschen – vor allem aus Afrika und Asien – daran hindert nach Europa einzureisen. Menschen, denen es ähnlich schlecht geht wie damals den DDR-Bürgern. Menschen, die auf ihrer Flucht vor Bürgerkrieg und Folter im Mittelmeer ertrinken.

Pegida-Anhänger fordern „die Aufnahme des Rechtes auf und die Pflicht zur Integration ins Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland“. Ich frage mich, ob das dann auch so ein „exklusives“ Recht ist, dass nur für eine bestimmte Gruppe gilt: die muslimischen Einwanderer? Dann könnte man es parallel zu den Judengesetzen des Dritten Reiches direkt Muselmanngesetze nennen. Dann sprechen wir Klartext! Dann wissen wir, woran wir sind!

Ich plädiere stattdessen für gleiches Recht für alle. Auch die Abkömmlinge germanischer Einwanderer, die seinerzeit so über die Römer hergefallen sind, dass die sich mit einem mehr als 500 Kilometer langen Grenzwall gegen den Zustrom von Barbaren erwehren mussten, werden zur Integration verpflichtet. Dann obliegt die Integrationsarbeit nicht mehr allein dem Staat, sondern alle müssen mit anpacken.

Aber es bedarf gar keiner Änderung des Grundgesetzes, um etwas für Integration zu tun. Das deutsche Grundgesetz verbietet uns nicht, auf Migranten zuzugehen und Ihnen zu helfen. Hier ein paar Ideen, was Pegida-Anhänger und andere engagierte Bürger bereits heute dafür tun können, damit sich Einwanderer hier in Deutschland so schnell wie möglich heimisch fühlen und zurecht finden:

1. Helfen Sie bei Behördengängen

Die deutsche Bürokratie ist für viele fremdartig. Selbst Einheimische sind manchmal mit den Formularen überfordert, die das Behördenmonster ausspuckt wie halb verdaute Aktenberge. Stellen Sie sich vor, Sie müssten eine Steuererklärung ausfüllen – auf Koreanisch. Caritas, AWO und andere typisch „abendländische“ Hilfseinrichtungen suchen immer wieder nach ehrenamtlichen Mitarbeitern, die Migranten bei Behördengängen unterstützen. Erklären Sie ihren Schützlingen, warum die Mühlen der deutschen Bürokratie so langsam sind. Erklären Sie ihnen, warum Geld in Briefumschlägen und Sachgeschenke den Vorgang nicht beschleunigen. Erklären Sie ihnen, dass der Sachbearbeiter alle Antragssteller von oben herab behandelt – und nicht nur Migranten.

2. Geben Sie Sprachunterricht

Sie müssen nicht gleich an der VHS „Deutsch als Fremdsprache“ unterrichten und die Unwissenden in die Geheimnisse des Konjunktivs einweihen. Suchen Sie sich einfach einen Tandem-Partner für Sprachunterricht. So haben sie beide etwas davon: Sie können die Liebe und Leidenschaft für ihre Muttersprache an ihren Sprachpartner weitergeben – und zugleich ein wenig Arabisch lernen. Stellen Sie sich vor, wie Sie beim nächsten Urlaub in Ägypten auf Arabisch „Danke“ sagen und dafür die Bewunderung ihrer ganzen mitgereisten Kegelmannschaft einheimsen.

3. Behandeln Sie andere mit Respekt

Heimisch fühlt man sich, wenn man mit Respekt und Achtung behandelt wird. Viele Migranten müssen schlecht bezahlte Jobs annehmen, weil sie keine Ausbildung nachweisen können, die europäischen Standards entspricht. Sie arbeiten als Pflegehelfer, als Paketzusteller, als Reinigungskraft, als Leiharbeiter, als Kassierer, als Toilettenaufsicht. Sie beginnen also manchmal wieder ganz unten in der beruflichen Hierarchie. Sie verdienen wenig. Sie müssen hart für ihre gesellschaftliche Stellung arbeiten. Aber auch diese Jobs sind wichtig. Behandeln Sie diese Menschen mit Respekt, mit Achtung, mit Geduld. Behandeln Sie alle so – unabhängig von ihrer Hautfarbe und Herkunft.

4. Geben Sie Migranten Arbeit

Die Jugendarbeitslosigkeit unter Migranten ist besonders hoch. Wenn Sie Unternehmer sind und einen Ausbildungsplatz zu vergeben haben, stellen Sie (hin und wieder) auch einen Jugendlichen mit Migrationshintergrund ein. Investieren Sie in seine Zukunft. Ermuntern Sie andere Unternehmer ihrem Vorbild zu folgen. Das ist einer der wichtigsten Beiträge zur Integration überhaupt. Denn Migranten mit Arbeit zahlen Steuern, tragen zur Sozial- und Pflegeversicherung bei, finanzieren das Rentensystem, sorgen für einen Ausgleich beim demographischen Wandel.

5. Lassen Sie Ihre Kinder mit Kindern von Migranten spielen

Die Abgrenzung ist manchmal ganz subtil. Die Kinder werden lieber in den Kindergarten geschickt, wo der Anteil der Ausländer nicht so groß ist. Auf dem Spielplatz bleibt man auch lieber unter sich. Der türkische Junge darf leider nicht mit hochkommen, um mit ihrem Sohn in seinem Kinderzimmer zu spielen. Widerlegen Sie Angst und Vorurteile, indem Sie (hin und wieder) einen anderen Weg bestreiten. Ihre Kinder könnten in einem Land aufwachsen, in dem Toleranz und Weltoffenheit keine Politikerfloskeln sind.

6. Gehen Sie Essen

Niemand würde Pizza und Spaghetti Bolognese heute noch als ausländischen Schmarrn bezeichnen. Eine Erfolgsgeschichte der Integration. Auch der Döner hat inzwischen der Currywurst den Rang abgelaufen. Oder möchten Sie wieder zurück zu herzhaften Kartoffel- und Kohlgerichten? Dabei ist, wenn man es genau nimmt, die Kartoffel selbst ein Einwanderer. Ebenso Kakao, Kaffee, Curry, Mais, und viele mehr. Sie müssten schon tagein, tagaus Getreidebrei essen, wenn Sie sich urig-germanisch ernähren wollten. Gehen Sie essen. Probieren Sie mal wieder etwas Neues aus. Vielleicht bereichern demnächst typisch syrische Gerichte unsere Ernährung, wer weiß das schon? Sie tun nicht nur etwas für die Integration, sondern auch für ihr leibliches Wohl.

7. Laden Sie Migranten in ihren Verein ein

In Deutschland gibt es fast 600.000 eingetragene Vereine. Sie sind das Herzstück der deutschen Kultur, des Sports, der ehrenamtlichen Arbeit. Laden Sie Migranten dazu ein, ihren Verein kennen zu lernen. Dass in deutschen Vereinen nicht nur gebastelt, gesportelt und gefeiert wird, sondern auch Wohnungen gesucht, Jobs vermittelt und Geschäfte abgeschlossen werden, finden aufgeweckte Zuwanderer dann schon nach und nach von alleine heraus.

8. Spenden Sie

Spenden Sie für Organisationen, die sich um Flüchtlinge kümmern. Spenden Sie für Organisationen, die sich für Integration und gegen Ausländerfeindlichkeit stark machen.

9. Besuchen Sie eine Moschee

Die meisten Muslime leben friedlich in Deutschland und wollen nicht mit einem Sprengstoffgürtel um den Bauch im nächsten Supermarkt Amok laufen. Sie können etwas über den Islam in Deutschland erfahren, indem Sie eine Moschee besuchen und mit Muslimen sprechen. Denn Angst haben wir am meisten vor dem, was wir nicht kennen.

10. Verbrüdern Sie sich nicht mit Nazis

Ich unterstellen den meisten Menschen gute Absichten. Sie wollen vielleicht wirklich etwas für eine bessere Gesetzeslage in Deutschland tun. Für Sie ist „Integration“ nicht gleichbedeutend mit „Abschiebung“. Sie engagieren sich für eine Sache, an die Sie glauben. Sie haben nichts gegen Ausländer (und dieser Satz ist für Sie keine rhetorische Einleitung zu einem anschließenden „Aber…“). Dann umso mehr: Achten Sie darauf, mit wem Sie sich verbrüdern! Wenn Sie in einer Gruppe mit Nazis und Hooligans marschieren, dann schadet das Ihrem Anliegen. Wenn Sie Worte wie „Lügenpresse“ vorbehaltlos übernehmen, treten Sie die Geschichte mit Füßen. Gehen Sie andere Wege. Vertrauen Sie keinen Organisatoren, die Mitglieder in rechtsradikalen Parteien sind oder diesen nahestehen. Gründen Sie eigene Vereine und Initiativen. Tun Sie sich mit Menschen zusammen, die Sie nicht hinters Licht führen wollen.

FOTO: Yenidse von kadege59, lizensiert unter CC BY-NC-SA 2.0